Konstellationen
Schauspiel von Nick Payne
mit Suzanne von Borsody und Guntbert Warns
Renaissance Theater Berlin
Was wäre, wenn ich eine andere Entscheidung getroffen, etwas anderes gesagt hätte, um eine andere Ecke gebogen wäre? Wäre alles anders, wenn ich früher bzw. später bzw. gar nicht …? Leider kann man nie wissen, was sich verändert hätte, wenn … Schließlich hat man nur das eine Leben, den einen Moment. Aber als Gedankenspiel ist es reizvoll, wenn man alle Möglichkeiten durchspielt und die lineare Folge von Aktion und Reaktion aushebelt. Und genau das passiert auf äußerst witzige Weise in „Konstellationen“. Marianne ist Quantenphysikerin, Roland ist Imker. Ihre Liebesgeschichte von der anfänglichen Leidenschaft über den ersten Seitensprung bis hin zum „Dass-der-Tod-euch-scheidet“ könnte eine übliches Beziehungsdrama sein, würde nicht Mariannes Forschungsgebiet auf überraschende Weise die Handlungsentwicklung bestimmen. Angenommen, es gäbe eine überschaubare Anzahl von Paralleluniversen, die sich bei jeder gefällten Entscheidung weiter verzweigen, so würde auch unser Leben in unendlich vielen Varianten existieren. Dieser Theorie folgend, entwickelt Nick Payne eine originelle Dramaturgie für Konstellationen, indem er dasselbe Geschehen immer wieder anders erzählt, in den einzelnen Szenen zurückspringt und alternative Entwicklungen ausprobiert. So kann es passieren, dass sich Marianne und Roland in einer Variante ihrer ersten Begegnung so unsympathisch sind, dass sie es nur zwei Minuten miteinander aushalten. Es scheint, als müsste sich das Paar erst durch einige Universen hindurch an verkorksten Anfängen und falschen Abzweigungen vorbeitasten, bis sie bei ihrer gemeinsamen Geschichte ankommen, die uns dann erstaunlicherweise als die ultimative und paradigmatische Liebesgeschichte erscheint. Ein solches Stück ist großes Schauspielerfutter, und seine intellektuelle Grundierung ist beeindruckend. Die britische Presse vergleicht Paynes Drama mit den Werken von Tom Stoppard, Michael Frayn und Caryl Churchill zu ihren besten Zeiten. Keine Frage, ein ideales Terrain für zwei souveräne Darsteller, die über Nuancenreichtum des Ausdrucks und eine differenzierte Skala sprachlicher Gestaltung verfügen. Suzanne von Borsody und Guntbert Warus dabei zuzuschauen, wie sie bei Marianne und Roland immer neue Facetten aufleuchten lassen, ist uneingeschränkt sehens- und bestaunenswert.