Gesellschaftlicher Wandel macht Schule

Als im damals noch selbstständigen Odenwaldort Oberflockenbach im Jahr 1970 die Theodor-Heuss-Grundschule gebaut wurde, ahnte man nicht, wie sich der gesellschaftliche Wandel in den nächsten 50 Jahren auch auf die Schullandschaft auswirken würde. Die Kinder gingen vormittags in die Schule – waren nachmittags zuhause.
Gleichberechtigung von Mann und Frau, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Fachkräftemangel – das alles wirkt sich mittlerweile auf den Bedarf aus, den Eltern an die Grundschule haben: Einen Bedarf an einer Ganztagesbetreuung auch außerhalb der Unterrichtszeiten. Mittlerweile ist dieser politisch weithin anerkannt; deshalb haben Grundschulkinder, genauer gesagt deren Eltern, ab 1. August sogar einen Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung haben.
Die Stadt Weinheim als Schulträger muss darauf reagieren, denn an den Schulen braucht es dadurch mehr Platz. Wie in Oberflockenbach. Dort wird im Moment das bestehende Schulgebäude im zwei Betreuungsräume erweitert, 20 und 75 Quadratmeter groß0. Die Bauarbeiten haben begonnen. Im Haushalt sind für die Maßnahme rund 650 000 Euro vorgesehen. Das Land Baden-Württemberg unterstützt die Maßnahme gemäß der Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums zur Umsetzung des Programms zur Durchführung des Ganztagsfinanzhilfegesetzes mit einem Zuschuss in Höhe von rund 327 000 Euro. „Bis zum Schuljahresbeginn wird der Rohbau abgeschlossen sein“, zeigte sich Martin Hallmann vom beauftragten Architekturbüro „Hallmann&Schneider“ jetzt bei einem Vor-Ort-Termin sicher. „Wir liegen gut im Zeitplan. Sollte es die nächsten Tage nicht durchregnen, schaffen wir das.“
Das Thema Ganztagesbetreuung ist für die Stadt Weinheim allerdings nicht neu. Als freiwillige Leistung bietet sie eine Betreuung der Schülerinnen und Schüler schon länger an. Schon jetzt nutzen auch in Oberflockenbach 60 bis 70 der insgesamt 100 Schülerinnen und Schüler die vorhandenen Betreuungsangebote. „Damit erfüllt man bereits eine sehr gute Quote“, erklärt Tim Scheil vom Amt für Bildung und Sport der Stadt Weinheim bei einem Baustellentermin. Dennoch reichen die räumlichen Kapazitäten für den künftigen Rechtsanspruch ab dem 1. August 2026 nicht aus.
Von Beginn an wichtig war die Konstruktionsart in Massivbauweise. Es galt, die Außenwände in zeitgemäßer Architektur an das bestehende Gebäude anzupassen. Auch die energiesparende Ausstattung hinsichtlich Strom-, Brennstoff- und Wasserverbrauch musste berücksichtigt werden.
Auch die Stadt zeigt sich mit dem Baufortschritt derzeit zufrieden. Peter Zschippig und Bauingenieur Zvonko Maric von der Hochbauabteilung der Stadt Weinheim weisen jedoch darauf hin, dass weitere Arbeiten erst in den nächsten Ferien möglich sind – während des laufenden Schulbetriebs wäre das zu gefährlich. Lediglich kleinere Arbeiten könnten während der Schulzeit ausgeführt werden. Das bedeutet aber auch, dass das Gesamtprojekt erst zum September 2026, also zum Schuljahresbeginn 2026/27, fertig sein wird. Das sieht nach einer Punktlandung aus.
Aber noch bis Ferienende wird schwer geschafft. Auf den Fluren stehen Maler- und Putzarbeiten an, außerdem entsteht ein Atrium, das später bepflanzt werden kann. Auch Türen und Aluminiumfenster müssen noch eingebaut werden. Für Sicherheit sorgt ein rutschfester Kautschukboden, der Stürze abfedern soll. Beheizt werden die Räume künftig über eine Wärmepumpe mit Fußbodenheizung. Zudem wird die zentrale Schließanlage mit Profilzylindern in das bestehende System integriert. Zum Abschluss folgen Elektroinstallation und Beleuchtung. Mit der Theodor-Heuss-Grundschule ist es noch nicht getan. Weitere Schulen stehen auf dem Programm.
