„Wir müssen Standards herabsetzen“

Als Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just im Jahr 2020 seinen ersten Haushalt einbrachte, beklagte er schon eine allzu deutliche Unterfinanzierung seiner Stadt. Damals lag der Fehlbetrag bei rund sieben Millionen Euro. Am Mittwoch, bei der Einbringung des Haushaltes 2026 im Gemeinderat, hätte sich der Weinheimer OB diese Rahmendaten gewünscht. Denn die kommunale Finanzkrise hat auch die Große Kreisstadt Weinheim voll erreicht.

Just und sein Kämmerer Jörg Soballa haben dem Gremium ein Zahlenwerk vorgelegt, das – Planungsstand heute – mit einem Defizit von rund 17 Millionen abschließt. Zu Justs Konzepten gegen die Krise gehören Aufgabenverzicht, ein Festhalten an Gewerbegebieten und eine Erhöhung der Grundsteuer. Weitere Steuererhöhungen sind aus Verwaltungssicht noch nicht erforderlich. Insgesamt schwörte Just die Ratsmitglieder, aber auch die Bürgerschaft auf schwere Zeiten ein. Über das alles wird der Weinheimer Gemeinderat am Ende der nun begonnenen Haushaltsberatungen am 4. Februar 2026 entscheiden.
 
Hohe Liquidität schützt vor Kreditaufnahme
 
Just ließ an seinem obersten Ziel keinen Zweifel: Ein Haushalt, der von der Aufsichtsbehörde genehmigt wird, um einschneidende Auflagen zu vermeiden, wie das bei den benachbarten Großstädten der Fall ist. In Weinheim sei man zu einer solchen „Vollbremsung“ noch nicht gezwungen, betonte Just. Die nach wie vor hohe Liquidität gestatte der Stadt, das - trotz großer Einschnitte – immer noch sehr anspruchsvolle Investitionsprogramm aus eigener Kraft zu stemmen.
Neben der Fortsetzung des Neubaus von Kita Kuhweid und Mehrgenerationshaus sind
Investitionen für weitere Kindergärten sowie Mittel für den Erwerb und die Erweiterung
von Anschlussunterbringungen eingeplant. Mit fast fünf Millionen Euro für Hochwasserschutzmaßnahmen, rund 5,3 Millionen Euro für den Ausbau barrierefreier Haltestellen, rund zwölf Millionen Euro für die Sanierung von Straßen und drei Millionen Euro zur Sanierung der Laufbahn im Sepp-Herberger-Stadion werde deutlich in den Ausbau und den Erhalt des Infrastrukturvermögens investiert.
 
Für eine Haushaltsgenehmigung stehen die Chancen für dieses Jahr – bei strenger Haushaltsdisziplin – noch gut, denn Weinheim muss trotz der Schieflage in diesem Jahr keine neuen Schulden aufnehmen. Im Gegenteil, sogar eine Tilgung sei möglich, erklärte Kämmerer Soballa. Ursache ist eine Haushaltsführung, die in den vergangenen Jahren, zu einer gut ausgestatteten Rücklage geführt hat. Damit kann der Kämmerer nun das Loch stopfen. 31 Millionen Euro von insgesamt 47 Millionen Euro müssen – und können - von der „hohen Kante“ genommen werden. Schon 2027 werde dieser Zugriff nicht mehr möglich sein, betonten Just und Soballa. Dann seien Kreditaufnahmen teilweise in zweistelliger Größe erforderlich.
 
Keine Gewerbesteuer-Erhöhung geplant
 
Just sieht die Lage als einen Teil der allgemeinen kommunalen Finanzkrise, die ihren Grund in einer unzureichenden finanziellen Ausstattung durch Bund und Land hat.
„Die Schere zwischen der Finanzausstattung und der Erfüllung von Aufgaben geht bei allen Kommunen immer weiter auseinander. Selbst Städte, die bislang keine Probleme mit ihren Haushalten hatten, sind inzwischen in der Bredouille“, beschrieb der OB. Und dort will Just ansetzen: „Wir brauchen einen Aufgabenverzicht, müssen Standards nicht nur hinterfragen, sondern herabsetzen“, forderte er. Statt stetig steigendem Anspruchsdenken müsse man hin zu mehr Mitwirkungspflichten im Sozialstaat kommen.
Just: „Die in den letzten Jahren explosionsartig steigenden Kosten im Sozialbereich schreien in meinen Augen nach einer Reform des Sozialstaats. Statt mehr Eigenverantwortlichkeit hat eine Art Vollkasko-Mentalität bei uns in Deutschland Einzug gehalten, getreu dem Motto - der Staat wird es schon richten. So kann und darf es nicht weitergehen.“
Der OB bekräftigte sein Festhalten an „einem Flächenangebot für Gewerbebetriebe“. Denn ohne höhere Erträge werde man den Haushalt langfristig nicht in den Griff bekommen. Daher gehöre für ihn auch, den Hebesatz bei der Grundsteuer B zu erhöhen. Das soll zusätzlich Erträge von 300 000 Euro pro Jahr bringen. Die Höhe der Grundsteuer korreliere stark mit dem Einkommen und verursache dadurch eine sozial ausgewogene Belastung. Eine Erhöhung der Grundsteuer rücke daher den Zusammenhang zwischen städtischen Leistungen und ihren Kosten deutlich ins Bewusstsein. Von einer Erhöhung des Hebesatzes bei der Gewerbesteuer sehe man ab.

Im kommenden Jahr plant die Stadt dennoch mit einer Gewerbesteuer in Höhe von 46 Millionen Euro.
Kämmerer Jörg Soballa erklärte die wichtigsten Rahmendaten des Haushalts, der im Ergebnishaushalt mit ordentlichen Erträgen von 166.733.419 Euro und ordentlichen Aufwendungen von 183.839.969 Euro abschließt. Für einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt fehlen als exakt 17.106.550 Euro. Allerdings, so der kommunale „Finanzminister“, liegen die Auszahlungen aus Investitionstätigkeit in den nächsten Jahren auf hohem Niveau. In 2026 sind 20,4 Millionen Euro eingeplant. In 2027 sind sogar 27 Millionen Euro vorgesehen. Der voraussichtliche Schuldenstand zum 1. Januar 2026 beträgt 22,5 Millionen Euro. Um 1,7 Millionen Euro können die Schulden sogar abgebaut werden. Das ergibt einen voraussichtlichen Schuldenstand Ende 2026 von 20,8 Millionen Euro. Dies bedeutet eine voraussichtliche Pro-Kopf-Verschuldung zum Jahresbeginn 2026 von 491 Euro, zum Jahresende 2026 von 454 Euro.
 
„Anpassung des städtischen Immobilienbestandes“
 
Auch der Kämmerer ging zeitweise ins Grundsätzliche. Alles, was eine Kommune macht, sei leider ein Verlustgeschäft - ansonsten würde es garantiert ein Privater tun. Soballa: „Rechnen wir zu den Kapitalkosten noch die jährlichen Betriebsverluste hinzu, haben wir in den letzten 20 Jahren für eines von vier Bädern rund zwölf Millionen Euro ausgegeben – und das für einen viermonatigen Betrieb pro Jahr.“ Sein Credo: „Wenn die Stadt ein Gebäude errichtet oder gekauft und saniert hat, hören mit der Begleichung der letzten Handwerkerrechnung die Ausgaben nicht auf. Es ist vielmehr der Grundstein zum Geld-Ausgeben erst gelegt.“  Die Anpassung des städtischen Immobilienbestands an die Finanzkraft sei daher einer der großen Hebel zur Haushaltskonsolidierung.

Zu den Haushaltsreden im Wortlaut: 
 

(Erstellt am 19. November 2025)

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