„Herz von Sulzbach“ darf weiter schlagen
Das nennt man mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Ein Haus der sozialen Begegnungen und der Vereine im nördlichen Weinheimer Stadtteil Sulzbach, eine Kulturstätte. Die Erhaltung eines gut funktionierenden Kindergartens. Und zu guter Letzt auch noch ein bürgerfreundlicher Standort einer Ortsverwaltung mitten im Ort, sogar barrierefrei. Das schafft die Stadt Weinheim, in dem sie nach langen Verhandlungen vom Katholischen Kirchenfonds das Katholische Gemeindezentrum in der Kleiststraße erwirbt.
Nach dem Ortschaftsrat vor wenigen Tagen hat am Mittwoch in nicht-öffentlicher Sitzung nun auch der Gemeinderat für den Kauf des Areals und der Immobilie gestimmt. Hauptargument, auch von Oberbürgermeister Manuel Just, der ebenfalls für die Investition votierte: Greift die Stadt jetzt nicht zu, sucht sich die Kirche einen anderen Käufer, der das Gebäude wahrscheinlich abreißen und durch Wohnbebauung ersetzen würde – die öffentlichen Nutzungen wären dann passé. Der OB betonte daher auch, dass die Entscheidung keineswegs eine Blaupause für andere Gemeindehäuser sei, sondern vielmehr ein Ergebnis der besonderen Situation in Sulzbach. Auch Ortsvorsteher Frank Eberhardt hatte argumentiert: „Die Vereine in Sulzbach hätten keinen Treffpunkt mehr.“
Noch ein entscheidendes Argument für den Gemeinderat: Die Ortsverwaltung könnte aus dem alten Rathaus an der B3 ausziehen; das denkmalgeschützte Gebäude ist sanierungsbedürftig und ohne Aufzug nicht barrierefrei zugänglich – für eine öffentliche Dienststelle eigentlich nicht tragbar. Die Ortsverwaltung soll nun in die frühere Hausmeisterwohnung des Gemeindezentrums einziehen, die barrierefrei zugänglich ist. Im Gegenzug kann dann das historische Rathausgebäude verkauft werden. Mit dem Verkauf von historischen Gebäuden an private Investoren hat man in Sulzbach gute Erfahrungen gemacht.
Partner der Stadt wird künftig noch enger als bisher der MGV Liederkranz Sulzbach sein, der das Gemeindezentrum für eigene Zwecke und andere Vereinsnutzungen jetzt schon zehn Jahre lang betreibt und verwaltet. Das soll sich auch nicht ändern, wenn die Stadt nun Eigentümer der Immobilie wird. Die freundliche Übernahme durch die Stadt ist ein lang gehegter Wunsch des Vereins zur besseren Planungssicherheit. Zum Hintergrund: Die Katholische Kirchengemeinde Sulzbach wurde 2015 zu einer Seelsorgeeinheit mit den Kirchengemeinden Hemsbach und Laudenbach zusammengeschlossen. Die neue Glaubenseinheit musste sich auch aus wirtschaftlichen Gründen verkleinern und konnte das Gemeindezentrum nicht mehr bewirtschaften. Der Liederkranz hatte daraufhin sein Interesse bekundet, das Gemeindezentrum zu pachten und die Räumlichkeiten wie bisher anderen Nutzern zur Verfügung zu stellen. Es wurde zwischen Liederkranz und Kirche ein Pachtvertrag auf zehn Jahre geschlossen, zunächst bis Ende 2024, verlängert bis Ende 2026. Die Stadt gab schon immer einen Zuschuss dazu.
Mit dem Kauf wird der Verein direkt Pächter bei der Stadt, bleibt aber für die Verwaltung und den Betrieb zuständig. Am Weinheimer Ratstisch nannte man das Gemeindezentrum ein „Herz von Sulzbach“, das nun weiter schlagen könne.
„Ich bin sehr froh, dass die Zukunft des Zentrums gesichert ist“, freute sich Liederkranz-Vorsitzender Frank Grünewald, „unser Dank gilt allen, die zu dieser Lösung beigetragen haben“. Begleiterscheinung: Die Sanierung des Bürgersaals unter der Turnhalle ist nun nicht mehr so dringend. Der Gemeinderat beschloss, die Arbeiten bis 2030 zurückzustellen. Da spart die Stadt Geld.
Das Zentrum besteht aus zwei Gebäudeteilen. Im einen Gebäudeteil sind ein Kindergarten und ein Maleratelier untergebracht. Im anderen Gebäudeteil, dem Hauptgebäude, sind auf drei Stockwerken verschiedene Räume und Nutzungen eingerichtet. Dieser Gebäudeteil zeichnet sich durch großzügige Verkehrsflächen wie Flure und Treppenhäuser aus und enthält mehrere Nebenräume.
Im Erdgeschoss befinden sich das Foyer, ein Veranstaltungsraum (der „Grüne Salon“), eine Küche, die Sanitäranlagen sowie die ehemalige Hausmeisterwohnung. Das Obergeschoss beherbergt einen großen Saal, mit einer Kapazität von über 199 Personen und ist mit einer Bühne und Küche ausgestattet. Im Untergeschoss befinden sich vier Gruppenräume und ein Lagerraum. Der größte Raum hat einen separaten Zugang von außen und dient hauptsächlich als Proberaum des Männergesangvereins Liederkranz Sulzbach 1903 e.V. Für die Kirchengemeinde wird Räume weiter als Mieter nutzen.
Eine Kegelbahn mit Gaststättenraum, Ausschank und Toiletten sind ebenfalls dort untergebracht. Den Kindergarten soll die Katholische Gemeinde auch weiterhin als konfessionellen Kindergarten betreiben.
